„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht." und „Lügen haben kurze Beine." - Es gibt mehr als eine Weisheit, die Kindern immer und immer wieder eingetrichtert wird, um ihnen zu erklären, wie schlimm es ist, die Unwahrheit zu sagen. Dabei haben Kinder, die gut lügen können, im späteren Leben eine größere Aussicht auf Erfolg. Das soll jetzt aber kein Klischee aufwärmen, wonach alle erfolgreichen Menschen Lügner sind. Viel mehr spiegelt es wider, was kanadische Wissenschaftler nun in einer Studie herausfanden.
Getestet wurden 1200 Kinder im Alter von zwei bis 16 Jahren. Die Kleinen setzten die Wissenschaftler mit dem Rücken zu einem Kuscheltier und verboten es ihnen, sich umzudrehen. Dann wurden die Probanden allein gelassen. 90 Prozent der Kinder drehten sich nach dem Tier um, behaupteten aber später das Gegenteil. Die älteren Kinder testete man mit einem gefälschten Fragebogen, dessen völlig frei erfundene Lösungen auf der Rückseite abgedruckt waren. Auch hier war es nicht erlaubt, das Blatt umzudrehen. Wer gegen diese Regel verstieß, entlarvte sich später selbst damit, dass er behauptete, er habe die Antwort in der Schule gelernt.
Die Wissenschaftler erkannten, dass bereits ein Fünftel der Zweijährigen lügen, bei den Kindern im alter von vier Jahren sind es bereits 90 Prozent. Mit 12 Jahre lügt dann fast jeder. Später nimmt der „Lügneranteil" wieder ab. Die Forscher betonen, dass Lügen per se kein Zeichen schlechter Erziehung sei. Viel mehr zeigen sie auf, dass Kinder, die früh kleine Lügen erzählen, ein weiter entwickeltes Gehirn haben, als ihre wahrheitstreuen Altersgenossen. Denn wer schwindelt, muss sich die Wahrheit merken und durch geschicktes Herausreden versuchen, die Lüge zu vertuschen. Dies, so die Forscher, zeige hoch entwickelte kognitive Fähigkeiten und das Geschick, eine Situation nach den eigenen Vorstellungen zu manipulieren.
Besorgte Eltern sollen sich aber nicht auf Basis dieser Erkenntnisse zurücklehnen, sondern eine Situation, in der das Kind gelogen hat, nutzen. Eine gute Erziehung klärt das Kind über die Bedeutung von Ehrlichkeit auf und zeigt die negativen Seiten des Lügens auf.
Gelogen wird übrigens aus den unterschiedlichsten Gründen. Während jüngere Kinder eher schwindeln, um eigenes Fehlverhalten zu vertuschen oder sich Vorteile zu erschleichen, flunkern ältere Kinder und Jugendliche auch schon mal aus Höflichkeit, um die Gefühle des Gegenübers nicht zu verletzen.
Frei nach dem Volksmund gilt also: „Früh lügt, wer später mal ein schlauer Kopf werden will." oder „Lügen macht den Meister."
Letzte Aktualisierung am 02.06.2010.