Derzeit wird das Thema vermehrt diskutiert: Sollen Eltern die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut ihres Babys konservieren lassent? Bei diesen Stammzellen handelt es sich zwar nicht mehr um die höchst wandelbaren embryonalen Basiszellen, die nach der Befruchtung der Eizelle und den ersten Zellteilungen entstehen und aus denen sich praktisch jede Art von Gewebe entwickeln kann. Dennoch sind Nabelschur-Stammzellen immer noch in der Lage, verschiedene Zell-Arten aufzubauen.
Darum wird mittlerweile auch intensiv mit ihnen geforscht: Beispielsweise sollen sie zur Reparatur beschädigten Gewebes nach Hirnschlag, Nervendefekten, Herzinfarkt, Herzklappenfehlern oder Knochen- und Knorpelschäden herangezogen werden. Hier wäre das eigene Nabelschnurblut als Stammzellenquelle optimal. Die konservierten Zellen haben zudem noch keinen Alterungsprozess durchlaufen und sind frei von biochemischen Schäden. Obendrein können sie nachweislich Insulin produzieren und damit bei Diabetes Typ Eins erfolgreich eingesetzt werden. Möglicherweise werden in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten weitere völlig neue Therapien mit Stammzellen entwickelt.
Wie viel Sinn macht es gegenwärtig, bei der Geburt das Nabelschnurblut eines Kindes zu sichern und einfrieren zu lassen? Die Gewinnung und Eilagerung des Blutes kostet, je nach geplanter Dauer, bis zu 2500 Euro. Auch die Haltbarkeitsdauer ist noch umstritten. Bislang wurden bis zu 15 Jahre alte Stammzellen erfolgreich eingesetzt. Für einen späteren Einsatz muss zudem ein hoher Stammzellengehalt in der Blutkonserve sichergestellt werden: Einige private Unternehmen achten nicht darauf, was die Blutkonserve entwertet.
Die Blutabnahme selbst ist für das Baby im Prinzip unbedenklich: Unmittelbar nach der Geburt wird der noch pulsierende Nabel abgeklemmt, etwa 50 bis 100 ml Blut werden entnommen. Im Labor werden vor der Einlagerung bei minus 196°C mit Stickstoff noch Tests auf Qualität und Virenbefall durchgeführt. In einigen Kliniken lehnt man den winzigen Eingriff allerdings ab: Das „Bonding“, der wichtige Erstkontakt zwischen Mutter und Kind nach der Geburt, würde dadurch verzögert. Und die Blutentnahme kostet das Baby tatsächlich wertvolle Eisenreserven.
Die Stammzellen aus Nabelschnurblut werden allerdings kaum zur Eigenbehandlung von Krebs oder Leukämie verwendet. Denn häufig sind erste Anzeichen für eine solche Erkrankung bereits im Blut des Neugeborenen zu erkennen. In der Therapie haben sich fremde Stammzellen als viel wirksamer gegen die Krebszellen erwiesen. Immerhin kamen bereits in einigen Leukämiefällen sowie bei angeborenen Blutbildungsstörungen Zellen aus dem Nabelschnurblut von Geschwisterkindern erfolgreich zum Einsatz. Doch noch sind die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten eigener Stammzellen recht eingeschränkt.
Besonders bei mehreren Kindern in der Familie macht die Entnahme und Aufbewahrung von Nabelschnurblut für die Gesundheit der Kinder durchaus Sinn, nämlich dann, wenn beispielsweise ein Leukämierisiko oder eine Disposition zu anderen Erkrankungen vorliegen, die möglicherweise in naher Zukunft mit Hilfe passender Stammzellen geheilt werden können.