Das Nationale Medizinische Kinderzentrum in Washington D. C. in den Vereinigen Staaten eröffnete am 3. April 2013 einen neuen Fachbereich für Schmerzbehandlung: Hier wird derzeit der Einsatz von Videospielen bei der Schmerztherapie getestet.
Zum Einsatz kommen dabei ganz speziell entwickelte Computerspiele, die mit der Microsoft-Technologie von Kinect arbeiten: Bewegungssensoren anstatt des üblichen Kontroll-Panels ermöglichen ein interaktives Spiel, aber gleichzeitig auch eine Auswertung der Aktivitäten des Spielers. Davon profitieren kleine Schmerzpatienten, ohne überhaupt zu bemerken, dass sie gerade medizinisch untersucht und behandelt werden.
Die Spiele versetzen Kinder in eine intergalaktische Welt, in der sie sich aktiv betätigen, malen, spielen und sich bewegen können. Gleichzeitig analysiert das System ihre Situation.
Der Einsatz dieses Programmes verändert den gesamten Ansatz der bisherigen Schmerztherapie, so Dr. Sarah Rebstock, die klinische Direktorin und Leiterin der Initiative. Es ist oft schwer für Außenstehende, Schmerz zu verstehen oder damit umzugehen, ganz besonders bei Kindern. Zu viele Emotionen sind mit im Spiel. In der Regel standen Ärzten bisher nur Skalen von eins bis zehn zur Verfügung, um Schmerz ungefähr zu „bemessen“. Dabei wurden Patienten häufig nach eindeutig ermittelten Verbesserungen entlassen, litten aber weiterhin unter allerhand Ungemach und Einschränkungen, die objektiv nicht erfasst wurden.
Die Videospiele erfüllen eine doppelte Funktion: Einerseits lenken sie die Kinder ab und beschäftigen sie, andererseits werden Bewegungen gefordert, wie dies auch in einer Sitzung etwa beim Physiotherapeuten der Fall wäre. Dabei können die Sensoren im Monitor unter anderem die Herzfrequenz und den Bewegungsradius messen und anhand der Ergebnisse können Behandlung und Therapie den Fähigkeiten des Kindes im Anschluss angepasst werden.
Kann ein Kind beispielsweise seine Schulter auch im Eifer des Spiels nur um einige Zentimeter dehnen, wird dies von der Kinect-Software registriert und objektiv gemessen. Die Sensoren können insgesamt etwa 24 Punkte im Körper genau ansteuern, an denen eine Messung der allgemeinen Beweglichkeit von Muskeln und Gelenken relevant ist.
„Schmerz ist eines der am wenigsten beachteten Gebiete in der medizinischen Forschung“, so Rebstock. „Bislang war es unmöglich, eine objektive Schmerzmessung durchzuführen oder auch chronische Schmerzen bei Kindern genau zu dokumentieren. Die Möglichkeiten durch Kinect zählen seit Jahren zu den größten Fortschritten in der Schmerztherapie“.
Die meisten Kinder, die an chronischen, schmerzhaften Erkrankungen leiden, durchlaufen häufig lange und teure Diagnoseverfahren, bevor sie überhaupt sinnvoll behandelt werden können. Eines von vier Elternteilen eines kleinen chronischen Schmerzpatienten gibt seinen Beruf auf oder arbeitet nur noch in Teilzeit, um das Kind zu Hause entsprechend betreuen zu können. Mit Hilfe der neuen Technologie wird es möglich sein, die Situation in mancher Familie zu entspannen, und dabei Zeit und Geld zu sparen.
Im Vergleich zu Therapiesitzungen in einer Praxis entwickelten die Patienten, die bislang das Videospiel nutzten, eine verbesserte Bewegungsfähigkeit und fühlten sich stärker von ihren Schmerzen abgelenkt. Die Daten, die während der Initiative gesammelt werden, werden künftig für die Optimierung in der Patientenbetreuung eingesetzt. Auch der Erfolg einer vorhergegangenen Behandlung kann mit ihrer Hilfe besser bewertet werden.
aktualisiert am 29.05.2013