Eltern möchten ihre Kleinkinder im Auto sicher transportieren. Sobald die Kleinen aus der Babyschale herausgewachsen sind und mehr als 9 Kilogramm wiegen, steht der Kauf eines Kindersitzes an. Die Umsetzung der neuen EU-Verordnung, die das Reboard-System vorschreibt, wird allerdings noch auf sich warten lassen. Daher orientieren sich Eltern bislang an offiziellen Empfehlungen und Warentests. Sie erwerben in der Regel einen Kindersitz für die Rückbank des Autos, in dem das Kind nach vorn gerichtet sitzt.
Doch die Praxis und viele Crashtest-Studien mit Dummies beweisen, wie gefährlich die herkömmlichen Kindersitze sein können.
Kleinkinder haben im Verhältnis zum Körper einen relativ großen Kopf und eine schwache Rücken- und Nackenmuskulatur. Im Falle eines Auffahrunfalles oder Frontalzusammenstoßes werden Kopf und Wirbelsäule heftig nach vorn gerissen. Halswirbelverletzungen, Gehirnverletzungen oder Genickbrüche mit Lähmungs- oder Todesfolge sind dann an der Tagesordnung. Dazu kommen häufig Verletzungen und Blutungen im Brustkorb, an Herz und Lunge, im Rippen- und Magenbereich, ausgelöst durch den Druck der Haltegurte im Augenblick eines Aufpralls. Beim Reboarder, dem nach hinten gerichteten Kindersitz, wirkt die durchgehende Rückenlehne dagegen wie ein Schutzschild und fängt den Aufprall ab.
Doch noch ist das sichere Reboard-Sitzsystem sogar im Fachhandel relativ wenig bekannt und wird auch selten empfohlen, wie Stichproben ergaben. Mangels Information ist auch die Nachfrage gering.
Von Test-Institutionen werden bislang beide Varianten empfohlen, sofern sie die nötigen Prüf- und Zulassungszertifikate erhalten haben. Bewertet werden dabei vor allem ein möglichst leichter Einbau und Bequemlichkeit für Eltern und Kind. Die Montage von Reboard-Sitzen ist komplizierter, die Sitze sind sperriger als herkömmliche Modelle. Und sie kosten mehr. Das gibt im Verbrauchertest Punktabzug.
Bereits im Juli 2013 trat allerdings eine EU-Regelung in Kraft, die vorschreibt, dass künftig Kinder bis zum Alter von 15 Monaten nur noch in rückwärtsgerichteten Sitzen mitgenommen werden dürfen. Auch der ADAC heißt diese Neuregelung gut. Einige Fachleute plädieren sogar dafür, die Altersgrenze für die Benutzung der Reboard-Sitze auf drei Jahre zu erhöhen.
Doch die neue Verordnung ist noch lange nicht bindend. Zunächst muss die Deutsche Straßenverkehrsordnung an die neue ECE-Richtlinie angepasst werden. Auch die Autoindustrie muss erst reagieren und entsprechende Sitze konstruieren, die den Einbau von Reboard-Systemen erleichtern. Anschließend müssen die neu ausgestatteten Fahrzeuge noch die Zulassung durchlaufen. Ein zeitaufwändiger Prozess.
Junge Eltern sollten daher nicht auf die Pflichtverordnung warten, sondern selbst die entsprechende Wahl treffen. Selbst wenn „Reboarder“ teurer sind: In Schweden sind sie bereits selbstverständlich und die dortige Unfallstatistik überzeugt: Im letzten Jahrzehnt wurde kein Kind in einem solchen Sitz tödlich verletzt. Unfall-Analysen aus mehreren Ländern beweisen, dass viele schwere Verletzungen mit einem Reboard-Kindersitz hätten vermieden werden können. Vor diesem Hintergrund findet sich mit Sicherheit ein Fachhändler, der beim Einbau eines Reboard-Systems mit Rat und Tat zur Seite steht. Ein Reboard-Verein im Internet liefert weitere nützliche Informationen: www.reboard-kindersitze.info.
aktualisiert am 27.03.2014