Kleinkindern mit extrem flachem Hinterkopf werden häufig Spezialhelme verordnet, die beim Liegen den Druck nehmen und damit die Schädelform korrigieren sollen. Diese Kopf-Orthesen werden nach Maß angefertigt und nach Möglichkeit rund um die Uhr getragen.
An der Ruhr-Universität Bochum wies man schon vor längerer Zeit darauf hin, dass ungewöhnliche Kopfformen bei weniger als 2 Prozent aller Kinder auftreten. Nach neueren Erhebungen soll dagegen bereits eines von fünf Kleinkindern unter 6 Monaten betroffen sein.
Kinderärzte ermahnen Eltern, Babys in Rückenlage schlafen zu legen, eine wichtige Vorbeugungsmaßnahme gegen den Plötzlichen Kindstod, SIDS. Offenbar führt diese Praxis jedoch dazu, dass sich der Hinterkopf der Kleinkinder extrem abflacht. Zu langes einseitiges Liegen kann ebenfalls zu Verformungen führen.
Das Problem ist kein rein kosmetisches: Der "Flachkopf" geht häufig einher mit einer Asymmetrie des Gesichts oder der Ohrenposition. Kiefer- und Nackengelenke nehmen bei schiefem Wachstum Schaden.
Die kleinen Helme dagegen sind umstritten, die Krankenkassen überprüfen zu Recht jeden Einzelfall detailliert. Wissenschaftler an der Universität von Twente in den Niederlanden unter Renske M. van Wijk wählten nun erstmals nach streng wissenschaftlichen Vorgaben 42 Babys mit leicht deformierten Köpfen im Alter zwischen 5 und 6 Monaten aus, um die maßgefertigten Kopf-Orthesen über 6 Monate lang zu testen. Die gleich große Kontrollgruppe erhielt keinerlei Behandlung. Kinder mit extremen Abweichungen oder Erkrankungen nahmen gar nicht erst an der Studie teil.
Nach zwei Jahren untersuchte ein unabhängiger Wissenschaftler beide Testgruppen, ohne zu wissen, welche Kinder tatsächlich den Helm getragen hatten. Signifikante Entwicklungsunterschiede waren dabei nicht festzustellen.
Sind die putzigen kleinen Rennfahrer- oder Rugbyspieler-Helme demnach überflüssig und wirkungslos? Dies kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Sie kosten zwischen 1.300 und 3.000 USD oder umgerechnet, ab 1.500 Euro aufwärts und sollen dauernd getragen werden. Eine teure und belastende Therapie.
Vertreter von Orthese- und Prothese-Handelsverbänden bestreiten Aussage und Korrektheit der Studie vehement: Die verwendeten Helme wären nicht korrekt angepasst gewesen.
Fatal ist, dass die Hersteller der Kopf-Orthesen Eltern ermutigen, den Helm auf eigenen Augenschein hin anzuschaffen, anstatt eine Kopf-Verformung zunächst vom Kinderarzt begutachten zu lassen.
Von der Norm abweichende Gesichts- und Schädelformen können unterschiedlichste Ursachen haben, etwa
aktualisiert am 09.05.2014