Windpocken (Varizellen) sind eine sehr ansteckende Infektionskrankheit, die vor allem bei Kindern im Vorschulalter vorkommt. Sie ist durch einen typischen, bläschenförmigen Ausschlag gekennzeichnet. Windpocken werden durch das Varizella-Zoster-Virus ausgelöst, das auch als Humanes Herpesvirus 3 bezeichnet wird. Ein Erkrankungsgipfel besteht im Winter und Frühjahr. Der Name Windpocken erklärt sich durch die hohe Ansteckungsfähigkeit der Viren, die auch über einige Meter Entfernung noch übertragen werden können. Wenn die Infektion einmal durchgemacht wurde, besteht meist lebenslange Immunität, weshalb die Erkrankung auch zu den Kinderkrankheiten zählt.
Die Krankheit tritt auf, wenn das Kind zum ersten Mal mit dem Varizella-Zoster-Virus in Kontakt tritt. Dieses Virus ruft dann einen stark juckenden Ausschlag hervor, der vor allem am Oberkörper auftritt. Vor der Einführung der allgemeinen Impfung gegen Windpocken erkrankten etwa 750000 Personen pro Jahr an Windpocken. Etwa 90 Prozent aller Kinder machten bis zum 14. Lebensjahr eine Windpockeninfektion durch. Varizellen können auch als Erstkontakt mit einem Herpes Zoster auftreten, dies passiert jedoch selten, da Erkrankungen mit Herpes Zoster meist erst jenseits des 40. Lebensjahres auftreten.
Hat man einmal die Windpocken durchgemacht, besteht normalerweise eine lebenslange Immunität gegen das Virus, es wurden jedoch bei Personen, die die Erkrankung sehr früh oder nur in schwacher Form durchgemacht haben auch Zweitinfektionen beobachtet. Bei mehr als 95 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind Antikörper gegen das Varizella Zoster Virus nachweisbar.
Der Erreger der Windpocken ist in der Regel Varizella-Zoster-Virus. Nur selten führt eine Infektion mit dem Herpes Zoster Virus zum Ausbruch von Windpocken. Die Varizella-Zoster-Viren sind hoch ansteckend und können auch über Strecken von mehreren Metern übertragen werden. Die Übertragung erfolgt in der Regel über Tröpfcheninfektionen, also wenn Erreger durch Sprechen, Husten oder Niesen an einen anderen Menschen weitergegeben werden. Seltener kann die Erkrankung auch durch Schmierinfektionen ausgelöst werden, also wenn der Gesunde direkten Kontakt mit infizierten Pusteln oder Bläschen am Körper des Kranken hat. Bei immungesunden Menschen ist im Normalfall ein Kontakt von mindestens einer Stunde erforderlich, um sich mit dem Virus zu infizieren, bei immungeschwächten Menschen reichen hingegen oft schon zehn Minuten.
Mit dem Virus infizierte Personen können schon Tage bevor der Ausschlag auftritt Andere mit Windpocken anstecken. Da das Virus nur etwa zehn Minuten an der Luft überleben kann, ist eine Übertagung mit kontaminierter Kleidung oder Spielzeug nicht zu befürchten.
Infektionsquellen sind meist Sekret aus der Nase oder dem Rachen. Nachdem das Virus in den Körper gelangt ist, breitet es sich über den Blutweg aus, um dann die Haut und die Schleimhäute zu besiedeln. Es kann in die Enden von Nervenzellen gelangen und dort auch nach der Erkrankung schlafend (latent) in Körper verbleiben. Erkrankte Kinder sind zwei Tage vor dem Beginn der Windpocken bis fünf Tage nach dem Abklingen der Symptome ansteckend.
Nach einer Inkubationszeit- der Zeitspanne von der Ansteckung mit dem Virus bis zum Ausbruch der Erkrankung von 8 bis 28 Tagen entwickeln Kinder mit Windpocken zunächst grippeähnliche Symptome, wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Fieber. Darauf folgt ein sehr stark juckender Ausschlag, der am Stamm beginnt und sich auf das Gesicht, den behaarten Kopf und die Mundhöhle ausbreitet. Hände und Füße sind meistens nicht betroffen. Die Haut ist dabei auf eine sehr vielschichtige Art verändert. Die Kinder haben ovale und runde kleine rote Flecken sowie kleine Bläschen, Pusteln und Verkrustungen. Dieses bunte Hautbild wird auch als Sternenhimmel bezeichnet. Nach zwei bis drei Wochen fallen die Krusten im Normalfall ab. Der Ausschlag kann gelegentlich von Fieber begleitet sein. In der Regel verlaufen Windpocken komplikationslos.
Nur in seltenen Fällen treten Komplikationen auf, die dann ganz unterschiedlich in Erscheinung treten können:
Bei Schwangeren, die an Windpocken erkranken, ist besonders dann Vorsicht geboten, wenn sich die Schwangere im Zeitraum von etwa fünf Tagen vor der Geburt mit dem Virus infiziert. Die Zeitspanne bis zur Geburt ist dann zu kurz um das ungeborene Kind noch ausreichend mit Antikörpern zu versorgen. Dadurch kann das Kind nach der Geburt an einer schweren Form der Windpockeninfektion erkranken, die dann Gehirn und Lunge mitbefällt. Auch für die Mutter kann eine Infektion mit Windpocken im Zeitraum von sieben Tagen vor bis drei Tagen nach der Geburt tödlich verlaufen. Schwangere, die nicht gegen Windpocken immun sind sollten deshalb darauf achten, den Kontakt mit Windpockenpatienten zu vermeiden.
Nachdem die Erkrankung abgeklungen ist, verbleiben die Varizella-Zoster-Viren im Körper. Sie verharren in den Enden von Nervenzellen und können im Erwachsenenalter eine Gürtelrose auslösen. Etwa 20 Prozent der Personen, die im Kindesalter eine Windpockeninfektion durchgemacht haben, erkranken als Erwachsene mindestens einmal an einer Gürtelrose (Herpes Zoster). Die im Körper verbliebenen Viren können zudem im Rahmen einer Abwehrschwäche oder Stress reaktiviert werden. Die Gürtelrose tritt dann im Versorgungsgebiet des Nerven auf, in dem das Varizella-Zoster-Virus die Jahre über verblieben ist. Patienten mit einer Gürtelrose können zudem bei Kindern, die noch keine Immunität besitzen, Windpocken auslösen.
Windpocken sind meist eine Blickdiagnose. Sie werden vom erfahrenen Arzt in der Regel sofort erkannt. Es ist auch möglich, den Inhalt der Bläschen zu untersuchen und darin das Virus nachzuweisen. Zudem kann das Blut auf spezifische Antikörper hin untersucht werden.
Windpocken haben meist ein sehr charakteristisches Auftreten. Außerdem ist auffallend, dass auch in der Umgebung der infizierten Person Betroffene an den gleichen Symptomen erkranken. Sie können gelegentlich trotzdem mit anderen Infektionskrankheiten, wie Masern, Scharlach, Röteln, Dreitagefieber und Ringelröteln verwechselt werden. Auch eine Verwechslung mit einem Milbenbefall ist zu Beginn des Ausschlags möglich. Im Zweifelsfall kann das Varizellen-Virus aus dem Inhalt der Bläschen isoliert und nachgewiesen werden.
Da es sich bei den Windpocken um eine Infektion durch ein Virus handelt, werden im Normalfall nur die Symptome behandelt. Eine Virusinfektion kann meist nicht bekämpft, sondern nur gemildert werden. Das heißt es wird versucht den Juckreiz zu lindern, beispielsweise durch kühlende Umschläge oder Lotionen, wie einer Zinkschüttelmixtur. Zinkschüttelmixturen sind auch gut dazu geeignet, die Pusteln und Bläschen beim Windpockenausschlag auszutrocknen. Bei der Verwendung von Salben sollte man bedenken, dass sie auch die Gefahr einer zusätzlichen Infektion mit Bakterien erhöhen können, da sich Bakterien unter dem luftdicht abgeschlossenen Salbenfilm besser vermehren können. Als juckreizstillende Medikamente könne auch Antihistaminika eingesetzt werden.
Es ist wichtig, dass sich das Kind im Laufe der Erkrankung so wenig wie möglich kratzt, damit die Hautläsionen nur auf die obere Hautschicht beschränkt bleiben. Betroffene sollten außerdem vermeiden im Laufe der Erkrankung zu baden, da sich der Ausschlag sonst leicht entzünden kann. Hat ein Kind Windpocken, muss dies dem Kindergarten, beziehungsweise der Schule, gemeldet werden. Gegebenenfalls kann versucht werden, das Fieber mit Paracetamol oder Ibuprofen zu senken. Acetylsalicylsäure (ASS) sollte Kindern nicht gegeben werden, da es das sogenannte Reye-Syndrom auslösen kann.
Ein Krankheitsbild, das nur bei Kindern auftritt und zu Übelkeit, Erbrechen, Krampfanfällen und Verwirrtheit bis hin zum Koma führen kann. Bei Patienten, die abwehrgeschwächt sind, kann ein Virostatikum, wie Aciclovir, gegeben werden. Dieses Medikament verhindert die Vermehrung der Viren, kann sie jedoch nicht abtöten. Kinder, die die Erkrankung durchmachen sollten auch nicht mit immungeschwächten Personen, also AIDS Patienten, Krebskranke Personen, Patienten, die mit Kortison behandelt werden, sowie älteren Menschen zusammentreffen, da für diese Personen die Windpockenerkrankung lebensgefährliche Auswirkungen haben kann. Auch schwangere Frauen sollten mindestens bis zur 21. Schwangerschaftswoche keinen Kontakt mit Erkrankten Personen haben, da Varizellen das ungeborene Kind stark gefährden können. Eine Erkrankung an Windpocken kann sieben Tage vor bis drei Tage nach der Entbindung für die Mutter tödlich verlaufen.
Zur Prophylaxe gibt es eine Impfung gegen Windpocken, die seit 2004 von der STIKO, der ständigen Impfkommission, auch für alle Kinder empfohlen wird. Sie kann bei Kindern zusammen mit der Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln im Alter von etwa 14 Monaten erfolgen. Eine Auffrischung wird meist im Zeitraum zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat vorgenommen. Es ist jedoch auch zu jeder anderen Zeit noch möglich zu impfen. 12 bis 17 Jährigen, die noch keine Windpocken durchgemacht haben, wird die Impfung dringend empfohlen, da die Windpockenerkrankung jenseits der Pubertät oft wesentlich schwerer verläuft als im Kindesalter. Auch gefährdeten Personen, wie Krebspatienten und Immungeschwächten, sowie deren Kontaktpersonen wird eine Windpocken-Impfung angeraten.
Der Impfstoff ist ein sogenannter Lebendimpfstoff, der ein abgeschwächtes Varizella-Zoster-Virus enthält. Dieses abgeschwächte Virus ist nicht in der Lage, die Erkrankung auszulösen.
Zudem kann bis zu 72 Stunden nach dem Kontakt mit erkrankten Personen auch ein so genannter Inkubatiosimpfstoff verabreicht werden. Diese Impfung kann die Infektion „überholen" und einen Ausbruch der Windpocken aufhalten. Sie wird ungeimpften Personen, die keine Windpocken durchgemacht haben und Kontakt zu Risikopatienten haben, empfohlen.
Der Verlauf der Windpocken ist im Normalfall gutartig und ohne Komplikationen. Bettruhe, juckreiz-stillende Mittel sowie luftige Kleidung können den Verlauf der Erkrankung deutlich abmildern. Windpocken heilen nach zwei bis drei Wochen meist von selbst wieder ab und hinterlassen einen lebenslangen Schutz gegen eine erneute Erkrankung. Komplikationen kommen in der Regel nur bei Erkrankungen im Erwachsenenalter und bei Personen mit geschwächtem Immunsystem vor. Jedoch können Varizella-Zoster-Viren, die nach der Erkrankung in den Enden der Nerven verharren, im Erwachsenenalter eine Gürtelrose auslösen. Diese tritt meist bei Personen ab dem 50. Lebensjahr oder Immungeschwächten auf.
Letzte Aktualisierung am 09.03.2021.